Effektive Selbststeuerungskompetenzen
in der Führungsarbeit nutzen
Die Affektregulation ist eine der wichtigsten und wohl auch am meisten unterschätzten Kompetenzen von Führungskräften im Hinblick auf nachhaltige Führungsarbeit. Warum das so ist, was mit Affektregulation gemeint ist und welche Wechselwirkungen mit essenziellen Führungskernwerten bestehen, beschreibe ich in diesem Beitrag. Also, los geht’s, starten wir durch:
Beginnen wir zunächst mit einer kurzen Definition zur Affektregulation, um ein gemeinsames Verständnis auf diesen Begriff zu entwickeln:
Affektregulation – Eine Kurzdefinition
Die Affektregulation wird alternativ als Emotionsregulation bezeichnet und definiert sämtliche Prozesse, die die Ausprägungen unserer Emotionen (z.B. in Art und Intensität) in eine bestimmte Richtung beeinflussen. Unter Affektregulation wird dabei die Fähigkeit verstanden, eigene Emotionen von besonderer Intensität in der Weise zu regulieren, dass hieraus ein angemessenes Verhalten resultiert, das beispielsweise nicht in übermäßigen Erregungszuständen oder Gefühlsausbrüchen mündet. Im Kern geht es dabei um kurzzeitige Verhaltenszustände, die auf einen eindeutigen Auslöser zurückzuführen sind und somit nicht der langfristigen Grundstimmung unterliegen.
Dr. Holger Schmitz im Kurzvideo zur Affektregulation in der Führungspraxis
Ein praktisches Beispiel
aus dem Führungsalltag
Wenn wir uns die vorstehende Kurzdefinition anschauen, haben wir es mit zwei Wortbestandteilen zu tun: Affekt und Regulation! Um diese beiden Wortbestandteile zu verdeutlichen und in den Kontext zum täglichen Führungsverhalten zu setzen, möchte ich nachfolgend ein kleines Praxis-Beispiel anführen, um erstens das Entstehen von Affekten zu beschreiben und zweitens darauf aufbauende, mögliche Reaktionsmuster zu verdeutlichen. Stellen wir uns also folgende Situation vor:
Eine Führungskraft moderiert eine Besprechung, in der naturgemäß unterschiedliche Charaktere und Persönlichkeiten mit verschiedenen Sichtweisen und Verhaltensmustern „am Tisch“ sind. Aus dieser Besprechung nehmen wir uns zwei Charaktere heraus: Erstens die moderierende Führungskraft, zweitens einen Mitarbeiter aus der Qualitätssicherung.
Die moderierende Führungskraft ist ein I-Typ (roter Typ aus dem DISG-Modell), der im Wesentlichen mit den folgenden Eigenschaften und Persönlichkeitsmerkmalen in Verbindung gebracht wird:
- Emotionaler, beziehungsorientierter Typ, der die schnelle Abwechslung liebt
- Hohe Begeisterungsfähigkeit mit kreativer Ader
- Redseliger Kommunikator
- Schnelle Entscheidungen mit dem Hang zur Sprunghaftigkeit
Der Mitarbeiter aus der Qualitätssicherung ist ein G-Typ (gelber Typ aus dem DISG-Modell), dem wir die folgenden Eigenschaften und Persönlichkeitsmerkmale zuschreiben können:
- Sehr genauer, detailorientierter Typ, der belastbare Fakten liebt
- Nüchterner Analytiker mit hoher Genauigkeit
- Verschlossener, introvertierter Charakter
- Kritisches Hinterfragen von Entscheidungen, teilweise mit Verhinderungstendenz von Neuartigem
Wie leicht zu sehen ist, sind diese beiden Typen grundverschieden und haben diametral unterschiedliche Eigenschaften. Die entscheidende Frage bei solchen Konstellationen ist letztlich, ob diese Andersartigkeiten positiv genutzt werden können, so dass eine synergetische Ergänzung der unterschiedlichen Fähigkeiten entsteht. Da allerdings nicht selten aus solchen Konstellationen eine explosive Stimmung entstehen kann, schauen wir uns diese näher an:
Alarm: Explosive Stimmung!
Wenn unterschiedliche Typen aufeinander prallen
In unserer Besprechung kommen wir nach einiger Zeit an einen Punkt, an dem unser moderierender I-Typ auf eine Entscheidung zu einem aus seiner Sicht bereits lang und breit diskutiertenThema drängt:
„Wir sollten entscheiden, wie wir hier weiter vorgehen wollen, so dass wir nun voran kommen.“ In Erwartung einer positiven Reaktion „grätscht“ ihm unser G-Typ dazwischen und entgegnet wie folgt:
„Ich sehe uns hier noch nicht entscheidungsfähig. Wir müssen noch deutlich mehr ins Detail gehen!“
Was nun passieren kann, verdeutlicht die Abb. 1: Bei unserem moderierenden I-Typen entsteht in der charakterlich festgelegten Erstreaktion ein negativer Affekt, der in einer deutlich erhöhten Anspannung mündet (hoher Neurotizismus), so dass die „roten Lampen“ anspringen.
Dieses kann zur Folge haben, dass hieraus emotionale, unangemessene Ausbrüche und Verhaltensweisen resultieren, die nachhaltigen Schaden oder gar einen Vertrauensverlust zur Folge haben können. Eine große Gefahr! Denn wie wir wissen, stellt wechselseitiges Vertrauen einen essenziellen Führungskernwert dar, der nicht auf’s Spiel gesetzt werden sollte, da Vertrauensaufbau ein langwieriger Prozess über Monate, wenn nicht gar Jahre ist! Ein bestehendes Vertrauensband sollten wir deshalb in keinem Fall gefährden oder gar zerstören.
Abb. 1: Affekte in der Erstreaktion
Affektregulation durch Selbststeuerung
Wie Zweitreaktionen das Führungsverhalten optimieren
In unserem Beispiel braucht es somit eine geeignete Handlungsalternative, um als Führungskraft mit der vorliegenden Situation besser umzugehen. Diese Alternative ist in Abb. 2 dargestellt. In diesem Fall zeigt sich, dass unsere Führungskraft durch entsprechende (vorherige) Selbstreflexion in der Lage ist, den aufkommenden Neurotizismus (die erhöhte Anspannung) durch eine angemessene Zweitreaktion in der Weise zu kontrollieren, dass das Verhalten nicht lageorientiert verbleibt, sondern durch eine schnelle Regulierung in eine angemessene Handlungsorientierung mündet.
Mit anderen Worten: Unsere Führungskraft ist in der Lage, die eigenen Gefühle zu steuern und als Führungskraft effektiv im Sinne der übergeordneten Zielstellung zu agieren! Hierdurch werden negativ wirkende Emotionen verhindert und der kritische Mitarbeiter kann durch geeignete Methoden an der richtigen Stelle abgeholt werden (z.B. beim G-Typen durch die „WARUM-Frage“).
Auf diese Weise entsteht eine kompetenzorientierte Lösungsfindung, die nicht durch Emotionen und negative Affekte verhindert wird. Das ist im Sinne der angestrebten Zielstellung und wirkt sich positiv auf das Vertrauensverhältnis sowie die gemeinsame Zusammenarbeit im Team aus!
Abb. 2: Negativer Affekt, Zweitreaktion und Selbststeuerungskompetenzen
Führungsverhalten optimieren …
… und im entscheindenden Moment nicht das Falsche tun!
Das vorliegende Beispiel zeigt meines Erachtens sehr gut, wie über erlernbare Selbststeuerungskompetenzen (hier Zweitreaktion), das eigene Führungsverhalten optimiert und die Zusammenarbeit positiv gefördert werden kann. Ich verbinde das gerne mit dem folgenden Satz: „Im entscheidenden Moment nicht das Falsche tun!“ Hiermit meine ich im Kern:
Als Führungskraft sollten wir uns vor allem in kritischen Situationen (z.B Konflikte, Krisen, Situationen mit hoher Anspannung usw.) darüber bewusst sein, dass wir mit dem falschen Verhalten enorme negative Folgewirkungen auslösen können (z.B. Vertrauensverlust), die nur schwer wieder zu korrigieren sind. Deshalb sollten wir gerade in solchen Situationen sensibel sein und uns hierfür geeignete Selbststeuerungskompetenzen als schnell abrufbare Zweitreaktionen (neben den charakterlich festgelegten Erstreaktionen) aneignen.
Selbstreflexion und Selbststeuerung
mit der TOP/EOS-Diagnostik 360°
Zum Aufbau von Selbststeuerungskompetenzen, dem Erlernen von Zweitreaktionen sowie dem Einsatz wirksamer Affektregulation bieten wir unseren Kunden seitens der business elf® – Managementberatung die TOP/EOS-Diagnostik 360° an. Mit diesem hochwirksamen tool, das auf der PSI-Theorie von Prof. Julius Kuhl basiert, haben wir die Möglichkeit, gemeinsam mit unseren Kunden eine effektive Selbstreflexion durchzuführen, um darauf aufbauend entsprechende Selbststeuerungskompetenzen und Zweitreaktionen als zusätzlich zur Verfügung stehendes Handlungsportfolio aufzubauen.
Wer bereit ist, diesen Schritt zu gehen, wird am Ende des Tages nicht nur in die Lage versetzt, im entscheidenden Moment nicht das Falsche zu tun, sondern kann im entscheidenden Moment auch noch das Richtige tun!
In diesem Sinne wünsche ich Dir viel Erfolg bei Deiner weiteren Führungsarbeit mit einem kräftigen YNWA!
Dr. Holger Schmitz
Nachhaltig erfolgreich führen
mit der business elf® – Managementberatung
Affektregulation ist ein wichtiger Baustein professioneller Führung! Durch das Erlernen von Selbsteuerungskompetenzen und Zweitreaktionen können Führungskräfte ihr Handlungsprotfolio erweitern und andere Menschen zielgerichtet führen. Wenn Du mehr hierüber erfahren möchtest oder Interesse an der TOP/EOS-Diagnostik 360° hast, komm gerne auf uns zu. Du erreichst unsere Führungsexperten für weitere Informationen oder einen ersten Erfahrungsaustausch unter 05401 – 8969981 oder anpfiff@business-elf.de.
Weitere Informationen über Leadership, Teamwork & Diversity sowie Affektregulation findest Du unter anderem hier:
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Leadership, Teamwork & Diversity
Fotoquelle beim Carglass Führungskräfte Forum 2022: Lars Hübner