Führungskommunikation – Game Changer oder Rohrkrepierer?

Führungskommunikation von Reinhard Blanke

Diagnose: Führungslegasthenie

Ein Praxis-Gastbeitrag von Reinhard Blanke

Die Führungskommunikation ist ein entscheidender Faktor, wenn es darum geht, Menschen mitzunehmen und für gemeinsame Ziele zu begeistern. Doch leider klappt es mit der Führungskommunikation nicht immer in der gewünschten Weise. Im nachfolgenden Gastbeitrag beleuchtet Reinhard Blanke, Prokurist und Geschäftsleiter Verkauf bei einem großen mittelständischen Unternehmen, das Thema Führungskommunikation aus seiner erfahrungsreichen Perspektive. Dabei beschreibt er in einem anschaulichen Praxis-Beispiel, was bei der Führungskommunikation alles schieflaufen kann und wie man es vor allem besser machen kann! Also, los geht’s:

Kennst du das?

Mit guten Absichten gestartet – als Rohrkrepierer geendet

Führung für die Mitarbeiter fühlbar zu machen, endet in nicht wenigen Fällen mit einem gelb gefärbten Zettel auf dem Schreibtisch der Personalabteilung. Hast Du so etwas schon einmal selbst erlebt? Da hast Du beste Absichten für Deine Kunden und das Unternehmen, trägst diese an Deine Mitarbeiter heran und dann kommt diese Nachricht aus der Personalabteilung:

Führungskommunikation als Game Changer

 „Herr Vertriebsgeschäftsführer, der Herr Müller hat sich schon wieder krankgemeldet. Man munkelt er hätte einen Burn-Out, da er vom ständigen Pendeln aus dem Homeoffice und die Zentrale so gestresst sei.“

Der Vertriebsgeschäftsführer schickt Herrn Müller daraufhin eine kurze Mail und erkundigt sich – ehrlich besorgt – nach seinem Befinden und wann er wieder einsatzfähig sei. Kurz darauf schickt Herr Müller seine Kündigung. Was ist da passiert und was hat das mit Führungskommunikation zu tun? Hier die Geschichte dazu:

Herr Müller (36) arbeitet als langjährig erfolgreicher Vertriebsmitarbeiter in einem mittelständischen Betrieb. Allerdings sind seine Ergebnisse seit Monaten rückläufig und der Vertriebsgeschäftsführer hat bereits einige Zielerreichungsgespräche mit ihm geführt. Diese waren alle sehr konstruktiv. Herr Müller erklärte nachvollziehbar, dass seine Kunden auf Grund einiger Sorgen hinsichtlich etwaiger Infektionsrisiken aktuell einfach keine persönlichen Termine wollen.

Dabei zeigte Herr Müller anhand valider Statistiken auf, dass er die Anzahl der Anrufe bei seinen Kunden als Gegenmaßnahme zu den rückläufigen Umsätzen kontinuierlich gesteigert hat. Auch mit einem vom Vertriebsgeschäftsführer beauftragten Telefontraining für Vertriebler hatte er sich einverstanden erklärt und zwischenzeitlich an diesem auch engagiert teilgenommen. Trotzdem keine Besserung der Umsätze, nun seine Kündigung. Was ist hier mit der Führungskommunikation aus dem Ruder gelaufen?


„Mitarbeiter kündigen innerlich zuerst emotional ihrem Vorgesetzten,

dann suchen sie rationale Gründe, dann kündigen sie dem Unternehmen.“


Was ist bloß mit Herrn Müller los?

Der blinde Fleck der Führungskommunikation

Um der Sache auf den Grund zu gehen, kommt unserem Vertriebsgeschäftsführer in den Sinn, dass Herr Müllers Vertriebsassistent Peter sein eigener Neffe ist und er doch einen guten Zugang zu ihm hat. So trifft er Peter „zufällig“ auf dem Weg in die Kantine und ergreift direkt die Gelegenheit: „was ist bloß mit Herrn Müller los? Hat er wirklich einen Burn-Out?“ Peter klärt unseren Vertriebsgeschäftsführer vertraulich auf:

„Mensch! Wusstest Du das nicht? Herr Müller ist doch im Trennungsjahr mit seiner Frau. Die beiden kleinen Kinder leben abwechselnd bei beiden Noch-Ehepartnern. Durch eine von Dir selbst kürzlich geänderte und unmissverständlich klar kommunizierte Änderung der Homeoffice-Regeln zu Gunsten zentraler Einsatzzeiten, konnte Herr Müller seine Kinder weniger häufig sehen und von der KiTa abholen. Seine Frau droht bereits ihm das Sorgerecht gerichtlich streitig machen zu wollen.“

Unser Vertriebsgeschäftsführer ist verblüfft. Herr Müller hat mittlerweile schon zwei Kinder? Trennungsjahr? Eine Überraschung für ihn. Auch in den diversen Zielerreichungsgesprächen hatte Herr Müller sich stets nichts anmerken lassen. Der Vertriebsgeschäftsführer sucht nach einem Ausweg. Er möchte Herrn Müller als Mensch und natürlich auch aufgrund seiner Fähigkeit, starke Verkaufsergebnisse zu produzieren, nicht verlieren.

Doch was kann unser Vertriebsgeschäftsführer tun, um Herrn Müller vielleicht doch noch zu halten bzw. eine solche Situation in der Zukunft zu vermeiden? Meine Antwort darauf lautet: Hier ist erstmal Selbstreflektion gefragt, was bei der Führungskommunikation nicht stimmt!

Führungskommunikation

Die Ursachenanalyse

Wenn auf unterschiedlichen Kanälen „gefunkt“ wird!

In unserem fiktiven Beispiel hat der Vertriebsgeschäftsführer eine Grundregel gelingender Führungskommunikation unterschätzt. Diese lautet: erst verstehen, dann verstanden werden wollen!

Unser Vertriebsgeschäftsführer hat offensichtlich zu wenig persönlichen Einsatz und zu geringe Empathie eingebracht, um Herrn Müllers Gesamtsituation zu erkennen und ein Gefühl dafür zu entwickeln, welche Kräfte bei Herrn Müller – auch außerhalb des Betriebes – in welche Richtung wirken.

Dabei hat unser Vertriebsgeschäftsführer stereotypisch und technisch-methodisch angesetzt und – natürlich in bester Absicht – sogar in ein Telefontraining für Herrn Müller investiert. Doch gerade hierdurch wurde Herr Müller im Kontext seiner privaten Gesamtsituation sowie dem Zusammenspiel veränderter Homeoffice-Regeln in eine innere Konfliktsituation gesteuert. Denn durch das Telefontraining kam bei Herrn Müller emotional die Botschaft an: „Du bist wohl doch nicht gut genug“. Diese Wahrnehmung verschlimmerte das Problem zusätzlich.

Als langjährig erfolgreicher Vertriebsprofi wollte Herr Müller sich das allerdings nicht anmerken lassen und hatte somit keine Andeutungen zu seiner Situation gegenüber unserem Vertriebsgeschäftsführer gemacht. Ganz wie im Fußball: Steilpass auf Müller, Müller im Strafraum, Müller müsste schießen … tut er aber nicht! Denn sein Unterbewusstsein ist zu beschäftigt, der Fokus auf das Wesentliche nicht da.

Die Neuregelung der Homeoffice-Frage kam für Herrn Müller einfach zur Unzeit und unser Vertriebsgeschäftsführer ahnte das nicht. Gleichzeitig wagte Herr Müller es nicht, seine persönliche Gesamtsituation gegenüber seiner Führungskraft zu spiegeln. Denn er war von einer Sache überzeugt: “ … ich muss weiter funktionieren!“

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Dr. Holger Schmitz im Kurz-Video über Führungskommunikation


Immer funktionieren?

Ein Glaubenssatz zum Burnout!

Einer der häufigsten (nicht hilfreichen) Glaubenssätze, der mehr oder weniger auf allen hierarchischen Ebenen anzutreffen ist, ist der Irrglaube, immer funktionieren zu müssen. Dieser Anspruch führt fast immer irgendwann zur Überlastung und in weiteren Eskalationsstufen zum Burnout oder anderen ernstzunehmenden Erkrankungen, aber fast nie zu einer nachhaltigen Leistungssteigerung!


Defizite der Führungskommunikation?

Mach den Game Changer!

Zur Bewertung der beschriebenen Situation möchte ich Dir eine Frage stellen: Hast Du jemals einen Neuankömmling in Deinem Team erlebt, der nicht motiviert ist? Wahrscheinlich nicht! Denn die Antwort lautet: Das gibt es kaum. Fast alle Menschen wollen wirken, wollen sich einbringen. Ein Grundbedürfnis, gerade dann, wenn man irgendwo neu anfängt.

Führungskommunikation im Unternehmen

Am Anfang ist da fast immer pure Schaffenskraft, das Kribbeln des Spielbeginns, kurz vor dem Anpfiff. Und dann kommt ein ebenso motivierter Trainer „um die Ecke“, der doch genau das Gleiche will: gemeinsam erfolgreich sein.

Doch leider fokussiert der Trainer dabei manchmal zu einseitig auf das Ziel, statt auf den Weg zu achten und vor allem die Menschen zu berücksichtigen, die diesen Weg mit ihm gemeinsam gehen sollen. Sprich: Den Weg als starkes WIR zu nehmen!

Das Problem in unserem Beispiel lautet somit: Wir haben es bei dem Vertriebsgeschäftsführer mit jemandem zu tun, der seine Team-Player auf der persönlichen Ebene nicht genau genug gelesen hat. Oder anders ausgedrückt: Eine Führungskraft, die Defizite bei der Führungskommunikation hat!

Die allseits bekannten Gründe: vermeintlich fehlende Zeit, enge Taktung anstehender Arbeiten, viele einzuhaltende Termine und all die anderen Herausforderungen des Tagesgeschäfts, die einen klaren Blick auf die zu führenden Menschen vernebeln.

Deshalb lautet meine Bewertung: ein sicherlich hoch engagierter Trainer, der seine schriftliche wie mündliche Führungskommunikation – unbewusst – leider schmerzhaft gestaltet.

Die Folge: Eine ungewollte Blockade der Bestleistung und ein stilles Leiden der Mitarbeiter als logische Ergebnisse.

Meine Diagnose: Führungslegasthenie mit unempathischer Führungskommunikation!

Dein Game changer: Mach den Perspektivwechsel! Erst verstehen, dann verstanden werden wollen!

Viel Erfolg wünscht Dir dabei

Reinhard Blanke, im November 2021


Leadership Development

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Weitere Informationen zu Führungskommunikation und anderen Themen findest Du auch unter den folgenden links:

Nachhaltig. Erfolgreich. Führen.

You'll never work alone - Leadership und Teamwork im Unternehmen