Von Otto Rehhagel bis Jogi Löw
Die richtige Passung bestimmt den Erfolg!
Was haben Passung und Erfolg miteinander zu tun und wie hängt die erfolgreiche Führung einer Fußballmannschaft bzw. die erfolgreiche Führung im Unternehmen hiermit zusammen? In diesem Gastbeitrag von Sascha Schmies wird ein Rückblick auf das Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft bei der WM in Russland gegeben und es werden in diesem Kontext die Trainerstationen von Otto Rehhagel beleuchtet, die meistens im Erfolg mündeten, manchmal aber auch nicht funktionierten. Mit den jeweiligen Hintergründen sowie einem Vergleich zur Unternehmenspraxis beschäftigt sich dieser Beitrag:
Wenn in diesen Tagen die Diskussionen im Gange sind, warum die deutsche Fußballnationalmannschaft bei der WM so kläglich gescheitert ist, werden viele mögliche Ursachen herbeigezogen: Sei es die Erdogan Affäre, sei es das spröde Quartier in Watutinki, sei es die Sattheit der Stars, oder hat sich Jogi schlichtweg vercoacht? Wahrscheinlich werden alle diese Faktoren ihre spezifische Rolle gespielt haben. Aber leider wird uns das im Nachhinein nur noch bei der Ursachenanalyse in gewisser Weise weiterhelfen. Denn im Vorfeld hat offensichtlich niemand die Demension dieser Aspekte erkannt, so dass diese Mängel in der Vorbereitung nicht als wichtig erachtet worden sind.
Wie entsteht ein TOP Team?
Dennoch ist die Frage wichtig, warum Jogi Löw noch in 2014 eine perfekt harmonierende Mannschaft auf den Erfolg trimmen konnte? Wie hat sie diesen Hunger auch über Jahre beibehalten, um nicht zuletzt noch vor einem Jahr als Confed Cup Sieger zu glänzen? Und warum hatten nun genau der gleiche Trainer mit fast denselben Spielern, dem gleichen Trainerstab und derselben Taktik wie 2014 nun so versagt? War alles Zufall, sowohl die Erfolge als auch der Misserfolg? Oder gibt es eine andere, tiefer gehende Erklärung?
Ja, es ist die Passung!
… denn die Chemie muss stimmen!
Offensichtlich passten die Rahmenbedingungen vor vier Jahren besser zu den Stärken von Jogi Löw als in der aktuellen Situation. Und eigentlich kann nur die Einschätzung, ob die Stärken von Jogi Löw in Zukunft wieder besser zum Tragen kommen, die Frage beantworten, ob er die Nationalmannschaft nochmal zum Erfolg führen kann oder eben auch nicht! Dabei spielen aber nicht nur Faktoren wie Teamzusammensetzung, Trainerstab, Strategie und Spielweise eine Rolle, sondern die gesamtheitliche Passung im Kontext der vorliegenden Situation entscheidet über Erfolg oder auch Misserfolg! Nehmen wir uns hierzu ein weiteres, sehr prominentes Beispiel aus dem Fußball zum Vergleich: Den Werdegang bzw. die Karriere von Otto Rehhagel. Oder Otto Rehakles, wie einige jüngere Leser ihn vielleicht nur noch kennen …
Vom Feuerwehrmann zum Champion!
Führung im richtigen Umfeld
Otto Rehhagel war in den 70er Jahren das, was man später als Feuerwehrmann bezeichnete: Rehhagel übernahm Mannschaften in akuter Abstiegsgefahr, führte sie manchmal noch zur Rettung, manchmal aber auch nicht. Spätestens nach 2 Jahren wurde er im Regelfall wieder entlassen. Er war bekannt als Trainer für den kurzfristigen Erfolg. Als jemand, der seine Mannschaft nur für ein paar Monate erreichte, bevor die Leistungskurve wieder stark nach unten ging. Sozusagen der frühzeitliche Felix Magath. Dieses Image bestand bis zu dem Zeitpunkt, als dieser Mann bei Werder Bremen ebenfalls Retter sein sollte und zum absoluten König des Dauerhaften wurde:
Über 14 Jahre blieb er im Amt an der Weser und verließ Bremen am Ende freiwillig. Er hinterließ eine absolut intakte und erfolgreiche Mannschaft. Aus dem Feuerwehrmann war über die Jahre jemand geworden, der langfristig und strategisch Mannschaften zusammen baute und immer wieder zu neuen Erfolgen motivierte: Meisterschaften, Pokalsiege, selbst Europapokal. Immer derselbe Mann, anscheinend mit einer optimalen Passung zum Umfeld!
Ein unerklärliches Phänomen?
Bei seiner nächsten Station Bayern München scheiterte er dagegen fast kläglich. Er konnte die Stars und Sternchen seiner Mannschaft nie in Schach halten und wurde nach nicht einmal einer kompletten Saison entlassen. Er ging nach Kaiserslautern in die zweite Liga und formte anschließend den bis heute einzigen Bundesliga Aufsteiger, der direkt im Aufstiegsjahr Meister wurde. Ein bis heute einmaliges und fast unerklärliches Phänomen. Den Niedergang des Pfälzer Traditonsvereins musste er nicht mehr verantworten: Astronomisch gestiegene Erwartungen und viele Möchtegernstars waren der Anfang vom Ende. Ein Erbe des Erfolges!
Stattdessen wurde er Nationaltrainer des eher zweitklassigen Griechenland. Auch dort formte er über mehrere Jahre hinweg eine Mannschaft, die ein weiteres Fußballwunder bewirken sollte, nämlich den Gewinn der Europameisterschaft 2004. Als völliger Underdog gestartet, spielte die Mannschaft zwar den vielleicht unattraktivsten Fußball, der jemals bei einer Europameisterschaft gesehen wurde, aber mit dem Titelgewinn eben auch den Erfolgreichsten.
Als letzte Trainerstation dieser schillernden Persönlichkeit bleibt Hertha BSC in Erinnerung: diese Mannschaft übernahm er in akuter Abstiegsgefahr und konnte den Niedergang auch nicht mehr vermeiden. Er ging also quasi gescheitert in den Ruhestand. Wie kann es aber sein, dass derselbe Mann mit derselben Qualität, denselben Fähigkeiten, meist demselben Trainerteam und manchmal auch mit denselben Spielern, entweder Legenden-ähnliche Erfolge feierte oder in der nächsten Station krachend scheiterte? Ist das alles Zufall? Oder war er mal mehr und mal weniger motiviert an die Sache heran gegangen? Wenn man dieses Auf und Ab so liest könnte man glatt meinen, dass Führung nicht steuerbar, sondern ein reines Zufallsprodukt ist.
„Die Null muss stehen!“
Sicherheit und Selbstvertrauen
Nein, das Zauberwort ist die Passung: Die Passung entscheidet, ob unsere Stärken voll zur Geltung kommen oder sogar für den Erfolg hinderlich sind: Otto Rehhagel stand immer für den Begriff der kontrollierten Offensive. Huub Stevens hat es später einmal mit dem Satz: “Die Null muss stehen” ähnlich beschrieben.
Diese Fähigkeiten waren als Feuerwehrmann wichtig, denn in einer verzweifelten Mannschaft bringt eine stabile Defensive Sicherheit und Selbstvertrauen. Nach und nach traut man sich mehr zu und gewinnt die nötigen Spiele. Kein Geheimnis, sondern seit Jahren bewährt.
Mit genau demselben Muster brachte er zunächst Bremen aus der Krise. Dort, in sehr familiärer Atmosphäre und ohne die großen Erwartungshaltungen, baute er ein Team mit vielen routinierten Spielern ein. (“Es gibt keine junge oder alte Spieler, sondern nur Gute oder Schlechte!”). Er gab ihnen großzügige Freiheiten, auch in Sachen Führung. Das Vertrauen in seine Führungsspieler führte dazu, dass sie die j,ungen Spieler mitzogen. Das kleine Budget und der Manager sorgten dafür, dass trotz Erfolge der Vergangenheit die Erwartungen für die Zukunft immer schön auf dem Boden blieben.
Meister nur mit Alphatieren?
Anders war dies natürlich bei Bayern München: Ein mit Stars gespickter Kader sollte offensiv-dominant auftreten, was Rehhagel schlicht nicht beherrschte. Die Freiheiten für seine Führungsspieler wurden eher für Eskapaden und Vertrauensbrüche genutzt. Das Münchner Umfeld mit seinen vielen Alphatieren kannte diese Art der Mannschaftsführung nicht. Kaiserslautern war dagegen gerade abgestiegen, die einzige Erwartungshaltung an Rehhagel war, dass er den direkten Wiederaufstieg mit einem erstligareifen Kader auch schaffte. Gesagt, getan, bis hin zu dem Wunder von Kaiserslautern. Hier war aber etwas anders als in Bremen: Die Erwartungen stiegen ins Unermessliche, Stars wie Youri Djorkaeff wurden gekauft, das Präsidium und das Umfeld träumte den Traum zur Rückkehr nach alter Stärke. Das System Rehhagel konnte hier nicht mehr funktionieren.
Dasselbe Muster in seinen weiteren Stationen: Underdogstatus in Griechenland, keine Erwartungen, sondern pure Freude über das Erreichte ließen seine Teams über sich hinaus wachsen. In Berlin stand ein Europapokalkader plötzlich vor dem Abstieg. Die Erwartungen im Umfeld des Hauptstadtclubs waren eher, dass er das Team durch Handauflegen vor dem “Betriebsunfall Abstieg” bewahren würde, um dann ein Neues aufzubauen. Die falsche Passung für Rehhagel.
Vertrauen und Erwartungshaltung
Rahmenbedingungen für Erfolg
Die Passung, in diesem Fall also das Vertrauen und die geringe Erwartungshaltung des Umfeldes, waren dafür entscheidend, ob Rehhagel wirken konnte oder eben nicht. Demgegenüber war Jogi Löws Stärke die Ruhe und Besonnenheit. Dazu das Formen eines Teams mit Ballbesitzfussball und das Vertrauen in seine Führungsspieler. Die Passung 2014 war genau die Richtige dafür. Das Umfeld in 2018, wahrscheinlich auch die eigene Denkweise führte genau zum gegenteiligen Ergebnis. Sein Team war keines, seine Führungsspieler waren außer Form, und der Ballbesitzfussball hat seine Dominanz verloren, wie man ja auch an Spanien gut feststellen kann.
Bei der Frage, ob eine Führungskraft gut oder schlecht ist, muss also immer auch ihr Wirken in der jeweiligen Passung betrachtet werden. Dazu gehört viel Empathie und vor allem ein unverfälschter Blick von außen. Die Bereitschaft, auch das eigene Tun auf den Prüfstand zu stellen und das Wissen, dass es nicht immer nur ein gut oder schlecht gibt. Sondern oftmals ein passend oder unpassend.
Stärkenorientiert führen heißt also, die eigenen und die Stärken des jeweiligen Teams zu kennen und die Passung daran auszurichten. Und zwar gezielt und methodisch. Wenn das Controlling, ein Scoreboard oder welches tool auch immer zeigt, dass einige Parameter nicht mehr stimmen, sollte nicht nur die Performance von Mitarbeitern hinterfragt werden, sondern eine breit angelegte, zielgereichtete Ursachenanalyse betrieben werden, die die Ursachen aufzeigt, warum die Performance nicht mehr so gelebt werden kann:
Hat sich der Wettbewerb verändert oder verändert er sich gerade? Dann sollte die Unternehmensstrategie und die Positionierung des Unternehmens nivelliert werden. Hat der Erfolg der letzten Jahre vielleicht zu einer Sättigung geführt? Dann ist die Führung, die Motivation und die Haltung entscheidend: Brauchen Mitarbeiter neue Anreize? Sollte das vorhandene Anreizsystem in Frage gestellt und überarbeitet werden?
Passung als Erfolgsgarant
Führung heißt, Rahmenbedingungen für den Erfolg zu schaffen. Dazu sollte man das Umfeld und den Rahmen und die daraus resultierende Passung möglichst genau kennen. Wer eine Führungspositione besetzen möchte, sollte man möglichst genau wissen, wen man einstellt und in welcher Passung diese Person zum Team und dem Umfeld steht, so dass der angestrebte Erfolg letztlich auch realisiert werden kann.das Team wirklich zum Erfolg führen kann.
Wie heißt es so schön: erfolgreich werden ist nicht schwer. Aber erfolgreich bleiben, dazu gehört viel mehr! Zum Beispiel der Blick auf die Passung. Und die ständige An-Passung.
Gastbeitrag von Sascha Schmies
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