Meine Erfahrungen mit der DU-Kultur
#gerneperDU und die Unternehmenskultur
Die DU-Kultur ist seit einigen Jahren in Deutschland auf dem Vormarsch. Immer öfter findet man in mail-Anhängen oder auf business-Plattformen wie LinkedIn den Hashtag #gerneperDU. Dieser signalisiert, dass die Kommunikation gerne per DU geführt werden kann, wenn es dem Gesprächspartner ebenfalls zusagt.
Doch wie verhält es sich mit dem „Duzen“ bei der Führung im Unternehmen? Dieser Frage gehe ich in diesem Beitrag nach und teile dabei auch meine Erfahrungen mit der DU-Kultur. Also, los geht’s, starten wir durch:
Grundsätzlich möchte ich einleitend festhalten, dass es sich bei dem „DU“ bzw. dem „SIE“ in Unternehmen nicht einfach nur um Worte handelt, sondern hiermit für gewöhnlich (sehr) starke Wechselwirkungen mit der Unternehmenskultur einhergehen. Denn die DU-Kultur und die SIE-Kultur bringen essenzielle Unterschiede mit sich, die ihre Wirkung nachhaltig entfalten. Auszugsweise möchte ich hierzu die folgende Punkte nennen:
DU-Kultur | SIE-Kultur |
Näher / mehr Verbundenheit | Distanzierter / weniger Verbundenheit |
Direkter | Förmlicher |
Moderner | Traditioneller |
Offener | Reglementierter |
Weniger hierarchisch | Mehr hierarchisch |
Persönlicher | Höflicher |
Flache Hierarchien mit mehr Augenhöhe
Die Kommunikation im Wandel der Zeit
Während vor einigen Dekaden das „Sie“ in fast allen Unternehmen und Organisationen Standard war und für Höflichkeit und Etikette stand, ist hier mittlerweile ein Wandel bzw. Trend zur DU-Kultur zu beobachten. Die Nähe des „DU“ mit dem Ausdruck von mehr Gemeinsachaft und Vertrauen geht einher mit den Entwicklungen der letzten Jahre wie z.B. New Work oder Servant Leadership. Diese sind deutlich weniger hierarchisch geprägt und stehen allgemein für mehr Offenheit, Augenhöhe und Respekt im Umgang. In der DU-Kultur können Hierarchien flacher gestaltet und Barrieren abgebaut werden. Allerdings können aus der DU-Kultur auch negative Auswirkungen erwachsen, wie ich vor einigen Jahren selbst erleben musste.
Ein Beispiel aus der Praxis: Besprechungsmoderation
In unserem damaligen Unternehmen, in dem ich als Geschäftsführer tätig war, hatten wir eine ausgeprägte DU-Kultur mit recht direkter und offener Ansprache. Was auf der einen Seite positive Effekte, wie z.B. keine Angst vor dem Aussprechen von unbequemen Wahrheiten mit sich brachte, konnte sich manchmal auch ins Gegenteil verkehren, wie folgendes Beispiel zeigt:
Ich war jede Woche Leiter / Moderator einer interdisziplinären Besprechung mit Teilnehmern aus Vertrieb und Technik. Wie jeder weiß, der schon mal im technischen Bereich gearbeitet hat, ist diese Konstellation allein aufgrund der subjektiv unterschiedlichen Perspektiven und Zielstellungen dieser beiden Organisationseinheiten schon eine gewisse Herausforderung.
In einer dieser Besprechungen wurde es im Rahmen einer technisch-fachlichen Kontroverse plötzlich seitens eines Besprechungsteilnehmers sehr emotional und es kam auch zu persönlichen Beleidigungen gegenüber anderen Besprechungsteilnehmern, so dass ich konsequent eingreifen und nachhaltig deeskalieren musste. Ohne die beleidigenden Worte hier zu wiederholen, bin ich mir sicher, dass diese inakzeptable Wortwahl in der SIE-Form so nicht gefallen wäre. Allein schon aufgrund der größeren Distanz der SIE-Kultur wäre das kaum bis gar nicht möglich gewesen. Mit anderen Worten: Erst die DU-Kultur hat die Eskalation in dieser Form möglich gemacht.
Vielleicht fragst Du Dich jetzt, warum ich als Verfechter der DU-Kultur hier ein solches Negativ-Beispiel schreibe? Die Antwort ist recht einfach: Das DU kann vor allem in emotionalen Situationen deutlich schneller zu einer Eskalation führen oder inakzeptable persönliche Angriffe erleichtern, da die Distanz in der Sprache sehr viel geringer als bei der SIE-Form ist.
Nähe, Offenheit und Direktheit
versus Emotionalität im Konfliktfall
Damit will ich sagen: Wer sich auf die meiner Meinung nach deutlich überwiegenden Vorteile der DU-Kultur einlässt, muss auch mit den hiermit einhergehenden, potenziellen Nachteilen leben können. Sprich: Die Nähe, Offenheit und Direktheit der DU-Kultur kann insbesondere bei Konflikten, Auseinandersetzungen oder emotionalen Ausbrüchen zum Nachteil werden.
Hierauf musst Du Dich als Führungskraft einstellen und solltest vorbereitet sein, so dass Du im Bedarfsfall adäquate Reaktionen zeigen kannst, die ein entsprechend konsequentes Eingreifen nicht vermissen lassen. Denn ansonsten besteht die Gefahr einer noch größeren Eskalation mit nachhaltigen Schäden, die ggf. nur schwer zu reapieren sind …!
Ich persönlich favorisiere ganz klar die DU-Kultur im beruflichen Umfeld. Die Kommunikation funktioniert für mich im DU schneller, einfacher, direkter und zielgerichteter. Mit dem persönlicheren DU lässt sich für mich ein gemeinsames Teamgefühl viel besser, schneller und einfacher herstellen und auch Ideen und Kreativität können besser kommuniziert werden. Die DU-Kommunikation ist meiner Erfahrung nach insgesamt intensiver und fokussierter als die SIE-Form und deshalb mein klarer Favorit. ABER: Wer sich darauf einlässt, muss auch mit den Nachteilen leben und diese im Bedarfsfall moderieren können.
Die DU-Kultur ist auch nicht pauschal für jedes Unternehmen bzw. jede Situation geeignet. Im professionellen Business-Umfeld gibt es Situationen, in denen einfach das SIE angebracht ist, insbesondere wenn noch keine persönlichen Beziehungen bestehen (z.B. im Erstkontakt). Grundsätzlich sollte immer gelten, dass die Bedürfnisse und Intentionen anderer Menschen berücksichtigt werden, so dass diese nicht überfahren werden.
Dr. Holger Schmitz im Kurzvideo über Führungskommunikation
Die Vorteile der DU-Kultur
in der Übersicht
Ich persönlich empfinde die zunehmende DU-Kultur als Bereicherung in einer Welt, die ansonsten eher von nüchterner Anonymität und Distanz geprägt ist. Denn mittels des DU können intensivere Verbindungen aufgebaut werden, die mehr Nähe, Vertrauen, Respekt und Augenhöhe besitzen. Alles essenzielle Führungskernwerte, die nachhaltig auf eine positive Unternehmenskultur einzahlen und viele Vorteile für das Tagesgeschäft mit sich bringen! Die Vorteile der DU-Kultur würde ich somit folgendermaßen zusammenfassen:
- Mehr Respekt, Wertschätzung, Anerkennung und Augenhöhe
- Schnelle, direkte Kommunikation
- Lockerer Umgang mit weniger Hierarchie
- Abbau von Barrieren
- Aufbau von Vertrauen durch mehr Nähe
- Das persönlichere DU kann in der Kommunikation zum positiven „Eisbrecher“ werden
- Stärkung des Gemeinschafts- und Zusammengehörigkeitsgefühls
- Leichtere Entwicklung von TEAM SPIRIT
- Mehr Identifikation mit dem Unternehmen (was erfahrungsgemäß stark leistungsfördernd ist)
- Schnellere Integration neuer Mitarbeiter
- Das DU wirkt mitarbeiterorientierter und kann die Unternehmenskultur positiv beeinflussen
- In unserer heutigen Zeit kann das DU imagefördernd sein
Wie läuft es in der Praxis?
Beispiele aus Unternehmen
Wenn ich mir die letzten beiden Jahrzehnte meiner Berufserfahrung anschaue, habe ich schon viele unterschiedliche Umgangsweisen mit dem Thema Du oder Sie gesehen bzw. erlebt. Zusammenfassend waren das die folgenden Konstellationen:
- Unternehmen mit ausschließlicher Du-Kultur
- Unternehmen mit ausschließlicher Sie-Kultur
- Du-Kultur in einigen Abteilungen / Teams und Sie-Kultur in anderen Abteilungen / Teams des gleichen Unternehmens
- Sie-Kultur im gesamten Unternehmen, aber DU-Ansprache zwischen einzelnen Personen
- DU-Kultur im gesamten Unternehmen, aber Sie-Ansprache z.B. gegenüber Inhabern und/oder Geschäftsführern
Bei all diesen Konstellationen habe ich es oft als nicht vorteilhaft empfunden, wenn das Thema nicht einheitlich gelebt wird. Denn dort, wo Dinge nicht eindeutig klar sind, ist oft Unsicherheit die Folge. Und wer braucht schon Unsicherheiten in Unternehmen, die per Definition arbeitsteilige Organisationen sind, in denen Menschen gemeinsam Ziele verfolgen sollten? Die Antwort ist sicherlich klar und muss von mir hier nicht gesondert erwähnt werden! Deshalb würde ich immer für ein einheitliches Vorgehen bei der Kommunikations-Kultur plädieren!
Kommunikation als Zentrale der Mitarbeiterführung
Bei der Unternehmens- und Mitarbeiterführung spielt die Art und Weise der Kommunikation eine zentrale Rolle. Während die traditionelle SIE-Kultur oft Distanz und Respekt (gerne auch im Sinne von Hierarchie) vermittelt, bietet die DU-Kultur in einer sich zunehmend verändernden Arbeitswelt nicht nur mehr Nähe, sondern auch die Chance, mehr Authentizität zu vermitteln.
Nicht selten wird die Führung in Unternehmen mit einer DU-Kultur als zugänglicher und menschlicher empfunden, so dass Führungskräfte weniger als Autoritätspersonen wahrgenommen werden. Diese Entwicklung birgt die große Chance, dass Führungskräfte als Mentoren, Coaches und Unterstützer agieren, die Enabling und Empowering bei ihren Mitarbeitern bewirken!
Und wollen wir das nicht alle? Menschen mit einem ausgewogenen Fordern und Fördern in der Weise entwickeln, dass Selbstkompetenzen (wie z.B. Entscheidungsfähigkeit auf Mitarbeiterebene) gefördert werden, so dass Führungskräfte in der Folge entlastet werden, um mehr AM Unternehmen zu arbeiten, als im Unternehmen gebunden zu sein? Wer sich auf diesen Weg der DU-Kultur wagt, hat meiner Erfahrung nach große Chancen, eine Performance-Gemeinschaft entwickeln zu können, die nachhaltige Erfolge befördert!
In diesem Sinne wünsche ich Dir viel Erfolg auf Deinem zukünftigen Weg mit einem kräftigen You’ll never WORK a alone!
Dr. Holger Schmitz
Die Kommunikation optimieren
mit der business elf® – Managementberatung
Du findest die DU-Kultur spannend und hast Interesse daran, diese in Deinem Unternehmen zu nutzen oder weiter auszubauen? Es ist für Dich von Interesse, flachere Hierarchien zu entwickeln und Dein TEAM zu stärken? Dann lass uns gerne gemeinsam über unsere Möglichkeiten sprechen. Wir unterstützen Dich gerne dabei, Deine Mannschaft weiterzuentwickeln. Für eine erste Kontaktaufnahme kannst Du uns unter anpfiff@business-elf.de oder 05401 / 89 69 981 erreichen. Wir freuen uns auf unser erstes Gespräch!
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Nachhaltig. Erfolgreich. Führen.